Der wichtigste Antrieb, sich für ein soziales Netzwerk wie Facebook anzumelden, ist das Bedürfnis, Leute auszuspionieren, die man nicht physisch trifft. Dass soziale Netzwerke unglaubliche Zeitfresser sind, haben Arbeitgeber längst verstanden und teilweise mit der Sperrung von Trödelseiten am Arbeitsplatz reagiert. Doch Menschen sind anpassungsfähig und wenn der Arbeitgeber ein gerade krisengeschütteltes Finanzinstitut ist, die Geschäfte langsam laufen, Zeit für unsinnig Beschäftigung frei wird, Facebook aber gleichzeitig nicht mehr zugänglich ist, entstehen neue Wege zur Entladung von Trödel-Energie.
Die Goldminen bei der Suche nach Informationen über Mitarbeiter und ihre Beziehungen sind offenbar Kalender wie man sie in MS Outlook findet. Ein Angestellter erklärte mir kürzlich, wie man mit etwas Kombinationsfreude trotz eingeschränkten Sichtrechten durch die Platzierung von Zeiteinheiten beeindruckende Rückschlüsse ziehen kann. Ergänzt mit den Dokumenten, die er systematisch aus den öffentlichen Transferordnern (wie sie für die Zwischenablage von konvertierten PDFs oder gescannten Unterlagen eingesetzt werden) gräbt, kommt es zum Heureka-Moment. Die Früchte seiner Arbeit lassen sich sehen.
So konnte der Angestellte Affären zwischen Geschäftsleitungsmitgliedern und Angestellten aufdecken, entlarvte einen Alkoholiker in Rehabilitation sowie eine stattliche Anzahl betrieblicher Streitigkeiten, Aussöhnungen und personeller Ausschlüsse aus Projekten.
Zugegeben, dieser Trödeldetektiv ist ein Aasfresser digitaler Daten und gewinnt wohl nie den Firmen-Ethikpreis. Eines muss man ihm trotz seiner offensichtlichen Widerlichkeit lassen: Sein Job ist interessanter als der von uns Trödlern.